Das Lied von Atlantis



„Ich hab es aus der Luft geseh'n:
Dieses Land ist wunderschön!
Seht, im hellen Sonnenglanz
Welch grandioser Lichtertanz!
Hier, wo Milch und Honig fließen,
Heißt zu leben zu genießen.
Das Kraut ist fett, die Ernte gut,
Und von der Schlachtbank spritzt das Blut.

Kra und Kri und Kri und Kra,
Schwestern Krähen, seht ihr da?
So viele Körner auf dem Feld
Gibt es sonst nirgends auf der Welt!

Jeder Tag ein Krähenfest,
Hier bau ich mir ein Nest!
Futter, he, wie gut das klingt!
Kommt ihr Krähen, kommt und singt:

Tausend Jahre sind ein Wind
Geschlechter sterben hin geschwind
Im Wirbelsturm der Zeit
Wird ein jeder Stein zu Sand
Staub jedes Ding von Menschenhand
Doch Atlantis hat Bestand
In alle Ewigkeit“

*

„Ich sah sie auf dem Marktplatz steh’n
Sie war nicht jung und auch nicht schön,
Doch kann sie in die Zukunft seh'n:
Sie sah Atlantis untergeh’n.
Die Menschen hier treibt nur die Gier,
Sie achten weder Mensch noch Tier,
Warum auch, denn das Geld ist gut,
Doch es ist rot von Blut.

Sie sah die Erde beben,
Die Meere sich erheben.
Mutter, morgen um halb zehn
Wird Atlantis untergeh'n."

"Ach, du dummes Spatzenkind,
Ab ins Nest, geschwind, geschwind!
Wenn dein Vater dich so sieht,
Rupft er dich. Sing lieber dieses Lied:

Tausend Jahre sind ein Wind
Geschlechter sterben hin geschwind
Im Wirbelsturm der Zeit
Wird ein jeder Stein zu Sand
Staub jedes Ding von Menschenhand
Doch Atlantis hat Bestand
In alle Ewigkeit“

*

Dort am Meer liegt eine Stadt
Wie man sie nie gesehen hat,
Wie man sie nur in Träumen sah,
So märchenhaft, so wunderbar.

Man macht sein Glück dort an den Tagen
Und sucht es nachts auch zu erjagen,
Bekleidet kaum vom Morgenrot.
Auf den Straßen liegt das Brot.

Und peitscht der Wind ans Pier die Wogen,
So flieg ich einen steilen Bogen,
Und ganz wie eine rechte Möwe
Stürz ich kreischend von der Höhe.

Und bringt ein Sturm die Nacht zum Klingen,
So hör ich wieder dieses Singen,
Das leise Lied, von weit, weit her
Von einer längst versunk’nen Stadt im Meer:

Tausend Jahre sind ein Wind
Geschlechter sterben hin geschwind
Im Wirbelsturm der Zeit
Wird ein jeder Stein zu Sand
Staub jedes Ding von Menschenhand
Doch Atlantis hat Bestand
In alle Ewigkeit

 

Vertonung von Markus Sträritz auf Youtube:
http://www.youtube.com/watch?v=KL2JMv6t61U